Nachdem Nordkorea immer mehr ballistische Raketen testet, haben Südkorea und die Vereinigten Staaten nun eigene Raketentests durchgeführt. Dies dürfte die Spannungen verstärken. Ein neuer Koreakrieg würde jedoch China die Chance einer Invasion Taiwans geben.
In diesem Jahr hat Nordkorea deutlich mehr Raketentests durchgeführt als noch in den vergangenen Jahren. Üblicherweise auch mit entsprechenden verbalen Drohungen durch den Staatsführer Kim Jong-Un gegenüber den Vereinigten Staaten, die eine enorme Truppenpräsenz in Südkorea unterhalten. Bislang haben die südkoreanischen und US-amerikanischen Truppen kaum auf solche Drohgebärden aus dem Norden reagiert. Dies scheint sich nun zu ändern. Berichten zufolge haben die Militärs nun mit einer eigenen Raketensalve geantwortet.
„Das US-amerikanische und das südkoreanische Militär schossen am Montag acht ballistische Raketen ins Meer, eine Machtdemonstration, die einer nordkoreanischen Raketendemonstration vom Vortag entsprach, die die provokative Serie von Waffendemonstrationen fortsetzte“, berichtet The Associated Press (AP).
Nordkorea hatte nämlich am Sonntag acht Kurzstreckenraketen abgefeuert und damit internationalen Berichten zufolge einen Rekord für die meisten Starts ballistischer Raketen aus dem Norden an einem Tag aufgestellt. Die Serie von Raketenstarts erfolgte innerhalb von 35 Minuten von mindestens vier verschiedenen Standorten aus, unter anderem von beiden Küsten und nördlich der Hauptstadt sowie aus dem Landesinneren. In Seoul scheint dies Grund für eine entsprechende Reaktion gewesen zu haben.
Das südkoreanische Militär, das am Montag mit eigenen Raketenstarts reagierte, erklärte: „Die gegenseitigen Raketenstarts zielten darauf ab, die Fähigkeit zu demonstrieren, schnell und präzise auf nordkoreanische Angriffe zu reagieren.“ Nach Angaben der AP wurden bei der Übung der beiden verbündeten Staaten acht Raketen des Army Tactical Missile System – eine amerikanische und sieben südkoreanische – innerhalb von zehn Minuten in die östlichen Gewässer Südkoreas abgefeuert, so die gemeinsamen Stabschefs Südkoreas und der US-Streitkräfte in Korea. Der südkoreanische Präsident Yoon Suk-yeol bekräftigte dem Bericht zufolge, dass Seoul in seiner Reaktion auf den nördlichen Nachbarn und Rivalen hart bleiben werde. „Wir werden dafür sorgen, dass es beim Schutz des Lebens und des Eigentums unseres Volkes keinen einzigen Riss gibt“, sagte er.
Der Süden hat mit Hilfe des US-Militärs erneut seine Muskeln gegenüber Pjöngjang spielen lassen und sieben taktische Boden-Boden-Raketensysteme (ATACMS) abgeschossen. Eine weitere achte Rakete wurde direkt von der US-Seite der Übungen abgefeuert. Die regelmäßig stattfindenden gemeinsamen Übungen von Südkorea und den USA haben den Norden immer wieder verärgert, was zu häufigen Drohungen und Anklagen aus Pjöngjang führte. Mit diesem jüngsten Raketenstart als „Antwort“ auf den Norden könnte dieser jedoch eine weitere Eskalation herbeiführen, indem er seine Tests immer häufiger durchführt.
Nun stellt sich die Frage, ob Washington und Seoul angesichts der ohnehin schon angespannten globalen Lage (Ukraine-Krieg, Iran-Konflikt, Spannungen des Westens mit China…) auch noch einen Krieg mit Nordkorea vom Zaun brechen wollen. Taktisch wäre dies auf geopolitischer Ebene eine Gefahr für die Stabilität im asiatisch-pazifischen Raum, zumal Peking dann die Gunst der Stunde gekommen sehen könnte und tatsächlich eine Invasion Taiwans starten könnte. Immerhin würde ein neuer Koreakrieg nicht nur Südkorea und die Vereinigten Staaten binden, sondern dazu auch noch Japan (welches ebenfalls seine historischen und territorialen Konflikte mit China hat).